Die Sinnlosigkeit ein schwer zu ertragendes Laster. Stupides Wortgewirr nimmt mir die letzte Konzentration zum Nachdenken. Was bleibt, sind offene Fragen. Fragen nach dem Warum?, Fragen nach Bedeutung, Sinn und Bestimmung unseres eigenen Handels und Denkens. Schule hinterlässt nichts als offene Fragen und die Erfahrungen, diese lieber nicht zu stellen, da sonst das letzte Restchen Neugier durch einen Schwall verwirrter und verwirrender Worte hinfort gespült wird. Unser kostbarstes Gut, die Zeit, verstreicht ungenutzt. Keine neuen Erkenntnisse, keine neuen Ideen.
Altes wird uns aufgewärmt auf blitzweißen Tellern häppchenweise zum Kosten gereicht und wir beglücken uns gegenseitig mit Komplimenten der Selbstdarstellung, loben unsere eigne Ignoranz und ergötzen uns an unserer angeborenen Dekadenz. Alles nur, um über die zweitklassige Kost hinweg zu sehen. Wichtig ist doch nur, was uns erzählt wird. Wichtig ist doch nur, dass wir etwas haben, woran wir glauben können, ohne es hinterfragen zu müssen. Der Glaube stirbt zuletzt! Immer nur schön dran glauben, dann kann man sich alles einbilden. Fremde, unbekannte oder im schlimmsten Falle unberechenbare Ideen oder gar Einwände werden durch kollektives Ein – oder besser – Unverständnis in ihrem Ursprung vernichtet. Wir haben das schon immer so gemacht, also werden wir das auch weiterhin so machen. Böse Blicke und bloßstellende Bemerkungen, wenn das Wort Veränderung in der Luft liegt. Veränderung, wer braucht den so was? Veränderung bedeutet doch nur Unordnung durch Neuordnung, Aufstände durch Umstände, Entwicklung durch Abwicklung überholter Verhältnisse.
Du hast nie die Wahl, merk dir das. Du darfst tun, was alle tun. Du darfst denken, was alle denken – und keinen Gedanken weiter!
Beherrsche deine Gefühle, kontrolliere deine Worte, zensieren deinen Drank nach frischer Luft. Frische Luft bringt träges Blut zum Rasen. Frische Luft bläst Wind in die stickige Dunkelheit des Kopfes. Frische Luft weckt das bisschen Lebenslust, das du zum Schutze deiner selbst längst hinter verschlossener Türe bewahrst.
Sie sagen, bloß nicht noch mehr Sauerstoffatome, die deine inneren Gewebe altern lassen.
Sie sagen, gut, Sauerstoff brauchen wir zum Atmen, aber wer in jungen Jahren viel atmet, dem bleibt im Alter schnell die Luft weg. Also den Atmen immer schon flach halten, die Brust nur nicht zu stark heben und senken, den Energieverbrauch auf Standby schalten.
Ich sage, wir leben in einer flachatmenden Gesellschaft.
Ich sage, wir leben in einer Gesellschaft, in der die Puste zum Protestieren fehlt. Kein Druck hinter zaghaften Worten, keine Stimme, die kräftig genug tönt, um die ganzen Flachatmer aufzuwecken. Da hilft kein Schreien, da hilft kein Schütteln, das führt höchstens zum ohnehin angestrebten Herzstillstand.
Der einzige Weg, diesem atemberaubenden Apparat zu entfliehen, ist, das Fenster aufzustoßen, den Kopf weit hinaus zu strecken und ein paar Mal tief durchzuatmen.
Spüren, wie Luft durch die Lungen strömt.
Hören, wie das Herz wild schlägt.
Erleben, wie sich Freiheit lebt.
1 Kommentar:
Du schreibst es
im Dezember
ich verstehe es
im August
weil ich es fühle.
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